Wasserstoff ist das häufigste Element im Universum, aber auch das leichteste und reaktionsfreudigste. Daraus ergeben sich einige „Herausforderungen“.
Weil es so reaktionsfreudig ist oxidiert es sehr schnell, aus zwei Wasserstoff und einem Sauerstoffmolekül entstehen dann zwei Wassermoleküle und es wird Energie in Form von Wärme abgegeben. Wir müssen also Energie aufwänden um die Wasserstoffatome wieder aus dem Wassermolekül zu befreien. Diese Energie wollen wir dann in einer Brennstoffzelle zurückgewinnen in der aus der Verbrennung von Wasserstoff zu Wasser unter kontrollierten Umständen elektrische Energie erzeugt wird.
Wasserstoff hat einen Brennwert von 33,39 KWh/kg, zum Vergleich hat Benzin etwas unter 10KWh/kg. Der Masseanteil von Wasserstoff im Wassermolekül ist ca. 11%.
Verbrenne ich also 1kg Wasserstoff zu Wasser, bekomme ich etwa 10 Liter reinstes Wasser und die 33,39KWh in Form von Wärme.
So weit die Theorie.
Bei der Elektrolyse wird Energie in Form von Elektrizität aufgewendet um Wassermoleküle wieder in Wasser- und Sauerstoff zu trennen. Dabei müssen wir wenigstens die Energie wieder rein stecken, die durch die Verbrennung von Wasser- und Sauerstoff freigesetzt wurde. In einem verlustfreien System wären das dann die 33,39KWh. Davon sind wir im Moment noch ganz weit entfernt. Das Entwicklungsziel ist im Moment 42KWh um ein kg Wasserstoff per Elektrolyse herzustellen, die momentan erhältlichen Elektrolyseure liegen eher bei 50 bis 60 KWh pro kg Wasserstoff.
Weiterhin brauchen wir sehr sauberes Wasser damit die Elektrolyseure möglichst lange halten. Jeder, der schon mal ein Bügeleisen entkalkt hat, wird wissen was ich damit meine. Trinkwasser ist dafür einfach nicht sauber genug. Wasserstoff aus der Sahara könnte daran scheitern! Man könnte Meerwasser aufbereiten, z.B. durch Destillation, aber auch dafür brauchen wir viel Strom. Die Faustregel ist 1KWh pro °C und 1000 Liter.
Nehmen wir also mal 60 KWh pro kg Wasserstoff an. Damit sind wir aber noch nicht am Ende! 1000 Liter Wasserstoff wiegen 0,09 kg, machen wir es uns einfach und nehmen 100g pro 1000 Liter Wasserstoff. Unser Kilogram Wasserstoff braucht dann 10 Kubikmeter Platz und sollte dann auch sorgfältig von Luft und Funken ferngehalten werden, Siehe LZ129 Hindenburg. Wir müssen das Zeug also auf ein handlicheres Volumen komprimieren. Üblicherweise sind das etwa 300 bar (mehr als das 100 fache als im Autoreifen) und so wird es wohl auch Anwendung in Zügen und LKW finden. Für PKW muss man noch mal zum Kompressor greifen, da brauchen wir 700 bar. Da reden wir vom Druck in 7000 Meter Wassertiefe! Auch dafür braucht man jede Menge Strom!
Aber es geht noch weiter. Der Tank an der Wasserstofftankstelle braucht 1000 bar um 700 bar Druck in den Autotank zu kriegen. Dafür brauchen wir Cryotanks, die den Wasserstoff schön kalt halten damit er nicht plötzlich expandiert, Technisch wäre das keine Explosion sondern eine Deflagration weil die Druckwelle nicht Überschallschnell ist, aber es reicht um die Tankstelle und einiges drumrum dem Erdboden gleich zu machen.
Also zusammengefasst, Strom für Kompressoren um es transportieren zu können und dann noch mal Strom um einen Autotank mit 700 bar Druck zu füllen. Ich habe da keine genauen Zahlen, aber es ist eine Menge! Das so eine Wasserstoffzapfsäule über eine Million Euro kostet, ist da nicht wirklich verwunderlich.
Was sind denn jetzt die Herausforderungen?
1.) Wir brauchen jede Menge Strom für die Elektrolyse
2.) wir brauchen viel Strom für die Wasseraufbereitung
3.) wir brauchen viel Strom für die Verflüssigung
4.) wir brauchen viel Strom für die Lagerung
5.) die Infrastruktur muss 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche sicher betrieben werden.
Weiterhin müssen
1.) Elektrolyseure erheblich in ihrer Effizienz und Lebensdauer gesteigert werden
2.) Brennstoffzellen ebenfalls
3.) Werkstoffe entwickelt werden die möglichst wenig mit Wasserstoff reagieren und damit lange haltbar sind.
Hyundai hat den Nexo eingestellt, aus gut informierten Kreisen hört man von 30.000 Euro Verlust pro verkauftem Auto, der Listenpreis war um die 70.000 Euro, Honda hat die Entwicklung praktisch eingestellt und es bleibt der Toyota Mirai übrig.
Der wenig ermutigende Ist Zustand.
Der Toyota Mirai ist von der Größe und vom Gewicht vergleichbar mit einem Tesla Model 3 Long Range. Er hat mit einer Tankfüllung nach WLTP eine Reichweite von 650 Kilometer, eine Höchstgeschwindigkeit von 175, eine Beschleunigung von 9.2 Sekunden von 0 auf 100, ist als Viersitzer zugelassen und hat eine Zuladung von 330kg und 360l Kofferraumvolumen.
Der Listenpreis ist etwa 78.000 Euro.
Der Tesla hat eine Reichweite von 602 Kilometern, eine Höchstgeschwindigkeit von 233 km/h, eine Beschleunigung von 4,4s von 0 auf 100, ist als Fünfsitzer zugelassen und hat eine Zuladung von 418 kg sowie 418l Kofferraumvolumen.
Der Listenpreis ist etwa 56.000 Euro und davon gehen noch mal 6000 Euro Förderung ab.
Oh, noch eine Kleinigkeit. Der Toyota muss alle 10.000 Kilometer in die Werkstatt um die Tanks und Rohre zu überprüfen, siehe LZ129 Hindenburg, beim Tesla gibt es keinen vorgeschriebenen Wartungsintervall.
Weshalb es mit Wasserstoffautos nix wird
Für 28.000 Euro weniger bekomme ich ein Auto mit 95% der Reichweite, mehr Sitzen, mehr Kofferraum, höherer Endgeschwindigkeit und besserer Beschleunigung. Und falls mir jemand 70KWh überschüssigen Strom schenkt, kann ich damit 350 Kilometer weit fahren, der Toyota schafft damit gerade mal 110 Kilometer. Weiterhin kann ich mit Sonne vom Dach laden, das geht mit dem Toyota gar nicht, und ich muss nicht erst zum Tanken nach Mahndorf oder Blumenthal wenn ich mal nach Sulingen fahren will.
Ach ja, die 20KWh Strom auf 100km kosten bei EnBW derzeit 9,20€ und ein kg Wasserstoff 9,50€. Also kein so großer Unterschied.
Warum glaubt Herr Diess nicht mehr an den Wasserstoff PKW?
Weil er rechnen kann! Die Herstellungskosten liegen weit über denen eines rein batterieelektrischen Autos, Wasserstoff wird auch weiterhin teuer sein und der politisch festgelegte Preis für Wasserstoff aus (russischem) Erdgas wird sich auch nicht mehr lange halten lassen.
P.S.: Bei H2 Mobility kostet das Kilo Wasserstoff jetzt 12,70€
Vielen Dank für den lehrreichen Beitrag.
LG
M.